1899
Wie konnte ich 1899 vergessen? Die neue Serie der Dark-Macher war ja schon lange angekündigt.
Mein Gott, ich liebe Andreas Pietschmann! Wie gut der in alles paßt, was Mystery schreit…
Bin bei Folge drei und finde: Chemie zwischen den Hauptfiguren, richtig viele Rätsel, diverse Sprachen in Originalton, was ich echt toll finde… Die Musik ist gewohnt eindringlich gruselig und speziell. Kinematografie ist mir bis jetzt eher nicht aufgefallen, von daher eher nicht spektakulär, aber halt einfach 100%, während jemand wie Sam Esmail 110 abliefert (wie gesagt, man ist für immer verwöhnt worden von Mr. Robot).
Nur eine einzige Szene war nötig, damit ich wußte - wow, das hier mußt du ganz schnell schauen, ehe dir einer das kaputtspoilert.
Ich kann nur ganz deutlich sagen, wer immer sich das Ding anschauen will - bitte lies keine Zusammenfassungen, Rezensionen etc. Du machst Dir sonst den Genuß kaputt. Es sind die Leute von Dark, das darf man nie vergessen. Die haben nicht nur ein Ass noch im Ärmel.
Zu guter letzt: Ich liebe immer deutsche Sachen, die nicht „deutsch“ wirken. Deutsche Dialoge sind meist zum weglaufen, warum ist mir ein Rätsel, aber ich kann viele deutsche Filme oder Serien nicht gucken, ohne permanent das Gesicht zu verziehen. Dark war anders und 1899 ist es auch. Nicht nur bewegen wir uns hier wieder auf hohem internationalem Niveau, es könnte auch sein, dass „Dark Ways“ bald als Synonym für ein eigenes Genre stehen könnte, für ganz besonders hochwertig und mit Liebe zum Detail produzierte (siehe Casting in Dark und die Zeitreisetheorie) Sachen stehen könnte.
Das Dark Bay in Babelsberg ist sehr interessant, aber ehrlich gesagt, sind mir bis jetzt keine krassen Kamerafahrten aufgefallen. Kann sein, daß das Dark Bay vor allem sehr praktisch für Filmschaffende ist, weil man Zeit spart und gleichzeitig diverse Perspektiven filmen kann. Ich werde mir, aus Angst vor jeder Art von Spoilern, das Making Of erst nach Sichtung der Serie ansehen.
Ich ärgere mich immer, wenn Prime mir pro Woche nur eine einzige Folge einer Serie zugesteht. Andererseits ist es schade, daß man 1899 jetzt so schnell „weghappsen“ kann. Ich glaube, eine Rationierung der Episoden, wie damals bei Mr. Robot, hat den Vorteil, daß man Theorien wälzen kann mit anderen und selbst einmal durchatmen. Wenn ich könnte wie ich wollte, würde ich das Ding in einer Nacht anschauen, weil es so interessant ist. Ich hoffe auf Twists und Reveals und clevere Turns.
Und nochmal: Netflix hat sehr gut daran getan, einen Stoff einzukaufen, der viele Nationen einbezieht und deren Sprachen. Ich möchte sowas öfter sehen. Das Fallenlassen von Sense8 damals war unverzeihlich. Geschichten wie die in 1899 versöhnen mich wieder. Ich mag nicht mit jeder Wortwahl, jeder Szene einverstanden sein, da bin ich manchmal eigen, aber insgesamt begeistert mich einfach die Tatsache, daß das Thema so gut gewählt ist. Diese (nicht nur europäischen) Auswanderer erhoffen sich alle ein besseres Leben in Amerika und was könnte man treffender über jeden einzelnen Menschen auf der Welt sagen? Wir streben nach Verbesserung, Glück und Anerkennung unserer Individualität. Daß man die Originalsprachen zuläßt, ist ein Geniestreich. Es bedeutet joint effort, Repräsentation, Authentizität. Und was man auch schön zeigt, ist, daß das WIE wichtiger ist als das WAS gesagt wird. Oft sprechen diese Figuren unterschiedliche Sprachen und nur wir Zuschauer wissen genau, was sie sagen. Trotzdem können die Leute gemeinsam anpacken. Das ist realistisch. Ich mag das wirklich sehr.