Arm dran mit Mausarm.
Ein Mausarm kann jeden treffen. Du musst nur oft genug tagtäglich dieselben winzigen Bewegungen machen, schon kann es passiert sein. 80.000 Klicks am Tag? Die schaffe ich locker. Am Freitag habe ich meinen persönlichen Rekord durch Verdopplung der Menge der bearbeiteten Files eingestellt.
Jetzt sagt mein Arm: Och, weeßte, so richtig zu Dir gehörig fühle ich mich schon lange nicht mehr. Ich ziehe an Dir oder manchmal stelle ich mich auch einfach taub, wirke gefühllos. Du hast mich zu lange ignoriert, das zahle ich Dir jetzt heim. Ich hänge an Dir, aber Du siehst mich einfach als selbstverständlich an. Nimm doch mal wahr, was ich alles für Dich tue!
Und wie rette ich die gestörte Beziehung? Gelingt mir das überhaupt noch? Ich höre mal wieder genauer hin. Dann gebe ich zu: tut mir leid, ich habe tatsächlich meine Arbeit über Dein Wohlergehen gestellt. Ich streichle und massiere, gebe Wärme und manchmal teilen wir auch Drogen miteinander. Im Netz und in der City hole ich mir Ratschläge bei Experten. Üben sollen wir, es aber nicht übertreiben. Ich suche ihm sogar eine andere Maus, vielleicht kommt er mit der besser zurecht.
Das Wochenende ist ab und an ganz schlimm, es tut richtig weh. Manchmal ist es aber auch, als hätten wir nie Probleme gehabt. Der Montagmorgen kommt dann immer als großer Schock: nichts hat sich geändert, der Trott geht wieder los und mit ihm die Schmerzen oder die Taubheitgefühle, das Abgenabeltsein, das Gefühl, nicht zueinander zu gehören.
Diese Woche mache ich ein Seminar, online, aber trotzdem hat er etwas mehr Ruhe.
Ich weiß, es ist an mir, etwas zu ändern. Sehr angespannt bin ich, brauche sicherlich mehr Magnesium. Ängste könnten auch eine Rolle spielen.
Ich habe mich immer für eine gute Zuhörerin gehalten, aber jetzt weiß ich, wie schnell man abstumpft und Dinge ausblendet, die man zu oft gehört hat. Am Ende habe ich gar nicht mehr hingehört.
Keine Ahnung, ob ich die Spannungen lösen kann. Aber ich werde mir die Zeit nehmen und umdenken müssen.