On the Other Side of the Door
Es ist wieder herrlich.
Schulung, von 0900 bis 1800 (offiziell, Anwesenheit ab 0800). Diverse Angriffe, die ich momentan schlecht wegstecken kann.
Am besten ist der „Schulende“ selbst. Er läßt uns nur Teamarbeit machen - wie soll man da was lernen? Für die Aufgaben an sich bräuchte ich Vorkenntnisse, die ich nicht habe. Deretwegen war ich ja dort...
Ich sagte auf die Frage, ob wir fertig seien sowas wie „sind fast durch“. Da hat der sich erdreistet, daraufhin ein Faß aufzumachen und hat mit einem billigen Witz auf meine Kosten sogar einige Lacher eingefahren. Hab sofort laut gesagt: „Echt lustig, wirklich.“ Nach der Pause und spätem Mittagessen (selbst organisiert, zwei Pausen nur in neun Stunden, war vorher total unterzuckert und ausgekühlt) ging ich zu ihm und sagte ihm, daß der Spruch für mich nicht o.k. gewesen ist. Er tat so als wisse er von nichts. Was wäre schlimmer: Sowas zu vergessen oder es abzutun? Er hat die Weisheit mit Löffeln gefressen, hält sich für zivilisiert und kultiviert, grundanständig und witzig. Er ist in meinen Augen fehlgeleitet und arrogant.
Der Kurs bringt mir nichts, ich bin am Ende, körperlich und psychisch. Es sind auch so Kleinigkeiten: Sticheleien in den Gruppen, dummes Getratsche, blödsinniges Gelache, weil wir ja alle ach so lustig und umgänglich sind... Bin ich vier Jahre alt??? Leute, GGAL.
Frauenfeindliches Gelaber, Genderkram. Frauen sind so, Männer sind so. Die ältesten Witze der Welt. Wenn er dann hinterherschiebt, daß solche Sprüche unmöglich sind, kann er gleich den nächsten loslassen. Er hat sich ja bei den überspannten Individuen im Raum entschuldigt. Hahaha... Was für ein Arschloch.
Kam dann nach Hause zu meinen zwei Kranken... beide krankgeschrieben... Hätte mich meine Kollegin nicht gefahren, hätte ich die Kleine heute gar nicht mehr gesehen (hatte kein Auto).
Dachte mir dann so: Wer bin ich denn? Was soll der Scheiß? Wen kümmerte es, wenn ich gar nicht mehr hochkäme? Würde dann einer sagen: die gute SF, die hat immer alle Schulungen durchgezogen, egal wie es ihr ging???
Und die Antwort, die ist ganz simpel: Ich bin hier nicht der Hampel. Fertig und basta.
Ich gehe morgen zu der netten ganzheitlich orientierten Ärztin und werde ihr sagen, wie es ist: Meine Grenze ist erreicht, brauche mal ein paar Tage Auszeit.
(Kindlein wälzt sich im Bett hin und her... wer weiß, wie viel Schlaf drin ist diese Nacht...)
Leute, es gibt Sachen, die braucht die Welt nicht. Der Witz an der Sache: Ich habe zwei Jahre gebraucht, um diese Schulung machen zu dürfen. Andere wurden dazu verdonnert. Ich WOLLTE unbedingt hin. Ich bin auch manchmal echt doof...
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Ach, was das für eine schöne Serie ist, “The Man in the High Castle“. Die Prämisse ist zwar doof (Dicks Buch interessiert mich auch nicht), weil die Nazis von vorgestern nicht gestern genauso weitergemacht hätten, außerdem ist es sehr schade, daß man US-Amerikaner oder einen Schweden Deutsche spielen läßt... Aber sonst, wenn man die Grundstory akzeptiert, ist es super zu sehen, wie sie in allen Facetten ausgearbeitet und beleuchtet wird. Die Schauspieler sind einfach nur toll. Luke Kleintank z.B. spielt sogar die kleinen zweifelnden Micromimiken und Verzögerungen (eines Lügners?) mit, sodaß seine Figur lange Zeit zwiespältig bleibt. Rufus Sewell hat Szenen, die mir das Blut den Adern gefrieren oder kochen lassen.
Die Färbung der Bilder ist sehr schön. Identifizierbare CGI gibt es, aber mir gefallen sie sehr.
Die Figur des Trade Ministers ist ein Geniestreich, eine wunderbare Erfindung. Seine Worte berühren mich tief.
(„What we do not understand. Can be frightening.“) - „Yes it can be. But when one is troubled by the reality of this world, it can be comforting to consider other possibilities. Even if those possibilities disturb us, so strong is the desire to escape the tyranny of consciousness and the narrow boundaries of our perceptions, to unlock the prisons of thought in which we trap ourselves, all in the hope that a better world or a better version of ourselves perhaps may lie on the other side of the door.“
(Tagomi zu einem Bibliothekar in „The Man in the High Castle“)