I‘ve always been here in this moment.
Hmmm, manchmal ist es komisch. Diese neue Serie auf Netflix „Messiah“, die berührt mich sehr. Wenige Minuten habe ich erst gesehen und schon heule ich wie ein Schloßhund. Ich bin gespannt, wohin die Reise noch geht, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber was ich bisher gesehen habe, ist genau das, was man heute zeigen muß.
Bin krankgeschrieben, aber nur bis morgen. Hatte fünf Nächte so gut wie keinen Schlaf gekriegt - Schlafentzug ist eine Foltermethode. Die erste Auswirkung ist Irritierbarkeit. Ich weiß, was das heißt. Gestern bin ich zum Arzt gefahren, wollte nur mal nachgucken lassen, daß nichts richtig Schlimmes ist... Der Tinnitus kommt angeblich vom Ohr. Facharzttermin habe ich erst am 05., aber ich hoffe, bis dahin wieder ohne Rockkonzert im Ohr leben und vor allem schlafen zu können. Angeblich gibt es auch keinen Anhalt für was Neurologisches... Wir werden sehen.
Am Freitag hat Momme geschrieben, daß ihr Röntgenbild der Lunge komisch aussieht. Es klang in der Beschreibung schon recht heftig, jetzt nach näherer Betrachtung und Vergleich mit Vorwerten sieht es zumindest nicht so aus, als müßte ich beten, daß sie die Einschulung der Maus noch miterlebt. Selbst wenn da Krebs ist, ist er nur langsam gewachsen und vielleicht ist es noch in einem frühen Stadium, frühzeitig genug erkannt. Oft wird Lungenkrebs ja erst erkannt, wenn die Leute heftige Symptome haben, und dann ist es schon zu spät. Lungenkrebs, daran will man nicht sterben. Ganz ehrlich, was ich alles gelesen habe... es ist furchtbar.
Ja, das hatte ich dann am Wochenende auch im Kopf. Die ganze Angstkaskade setzte sich in Bewegung. Wohl dem, der das nicht kennt.
Wir schrammen immer nur haarscharf an diesem Gefühl vorbei, das man erlebt, wenn tatsächlich ein Angehöriger schwer krank ist... Meist ist es uns nicht bewußt, daß wir mal wieder nur geborgte Tage haben. Vielleicht ein paar hundert, vielleicht auch nur eine Handvoll, bis wieder das Damoklesschwert über einem hängt, alles einen nach unten zieht und jeder Tag in Nebel gehüllt ist, während die anderen weitermachen wie bisher, weit entfernt von einem. Mit ihren Spielchen, mit ihrem Getue, mit dem ganzen aufgesetzten Scheiß. Du kannst es dann erst recht nicht mehr ertragen.
Ich weiß auch wirklich nicht, ob ich mich noch ewig zurückhalten kann, was die „Strategien“ des Chefs angeht, die nicht mehr sind als eine Verzögerungstaktik. Auch offene Worte nimmt er nicht an, er allein bestimmt... es demotiviert mich. Da hat man mal eine Idee, ein Projekt, etwas, was man einfach durchziehen möchte. Er stellt die Metaebene über alles Sachliche, Fachliche. Wir kommen nicht weiter, schlimmer noch, machen uns lächerlich. Ich ertrage das nicht mehr. Er vor allen anderen sollte wissen, daß unser aller Tage gezählt sind und wir das beste aus unserer Zeit machen sollten...
Mich fasziniert das und erschreckt das sehr, wie schnell ein Mensch stirbt, wie verletzlich wir sind. Gar nicht unbedingt durch diese ganzen Entartungen (in ein paar Jahren wird Lungenkrebs bei Frauen die häufigste Krebserkrankung sein, das hat mich schockiert..), nein, halte einen Menschen ein paar Tage vom Schlafen ab und er stirbt - das ist einfach so. Ist das nicht seltsam? Ist es nicht eine furchtbare Fehlkonstruktion, dieser Körper?
Aber das ist es eben, womit wir arbeiten müssen. Die Hardware ist zwar gestern erst zusammengeschustert worden, folgt aber uralten Bauplänen. Die Software hat etliche versteckte Anteile und ist ziemlich anfällig für Malware. Performen soll das Ding immer besser, schneller, soll immer leistungsfähiger werden... dabei sind aber die Umgebungsparameter echt ein Witz, weder Treibstoff, noch Lichteinflüsse oder Luftqualität passen, unser „Ding“ läuft auf Hochtouren, wird zu selten richtig gewartet... Die Folge sind diverse Fehlfunktionen, Defekte, Abstürze.
Dann kann nur der innere Techniker dich selbst vom Netz nehmen, ein paar Tage runterkühlen lassen, alle Voreinstellungen überprüfen.
Du trittst quasi von dir selbst zurück, atmest tief durch und gehst deiner neuesten Strategie nach: lachen. Aus-Lachen. Etwas heraus-lachen, die Welt aus-lachen.
In der Serie „Messiah“ sagt ein Bewerber zu Eva, die Wahrheit sei grau und es gäbe viele verschiedene Wahrheiten (ich hätte den ja eingestellt, weil er ein cleverer Bürschchen ist..) - so ist das. Ich fand es zum Beispiel witzig, daß der Herr Pöhm, dessen Ratschläge zur Schlagfertigkeit ich immer schön fand, jetzt „Erleuchtete“ demontiert und dann sich selbst und dann doch auch „spirituelle Workshops“ oder sowas anbietet...
Die Sekretärin meinte letztens, sie empfehle mir ein Buch, das einem beibringen soll, wie einem alle anderen egal werden... Ich sage mal so: Wer mir echt egal ist, das sind die Leute, die mit Ratschlägen Geld verdienen. Ratgeber zu lesen, bringt mir gar nichts.
Es gibt keine Wahrheit oder besser gesagt, es gibt immer nur eine Wahrheit, die durch unsere Voreinstellungen und Vorannahmen definiert wird. Deshalb finde ich es momentan clever, nicht alles so furchtbar ernst zu nehmen. (Es ist nur schwer, mit Tinnitus locker zu bleiben, das gebe ich zu.)
Man ist tagtäglich versucht, allem zuzustimmen. Dem gegebenen Streßlevel, den Einschätzungen von Wichtigkeit bestimmter Termine, Annahmen wie man sein oder reagieren sollte, was man oder frau leisten muß... Aber wenn man sich dann wieder klarmacht, was in dem MOMENT wirklich wichtig ist: ich kann JETZT hier sitzen, mir tut nichts wirklich weh, ich kann mich bewegen, selbst zum Klo schaffen und entscheide, was ich als nächstes tue... dann kann man auch sagen, ach, DIESE Intensität bei Projekt X ist nicht notwendig. WITZIG, wie der Chef das wieder macht. Lustig, wie er ist. Interessant, ich würde es anders machen, aber wer weiß, was das jetzt für Vorteile hat?
Dieses Leben ist ein ständiges Streben nach Verbesserung. Nicht mehr so sehr Selbstoptimierung, eher das Finden von Strategien der Selbstfindung und Abgrenzung gegen eigene und fremde hohe Erwartungen. Akzeptanz dessen, was ist. Locker bleiben. Nicht so sehr festhalten, eher Zuschauen und Abwarten. „Schwäche“ aushalten, kurze Neujustierung, dann wieder mitspielen. Bälle nur selten annehmen, das machen, was aus einem selbst kommt. Kräfte sammeln und sparen...