Obvio.
Habe mir „El Hoyo“ gestern angeschaut.
Ich fand den Film sehr gut. Er ist sehr brutal, sehr blutig, aber eben realistisch, was die Reaktionen der Menschen im Schacht angeht.
Am Anfang schon wird der schöne Aufbau der Geschichte deutlich: eine simple, abstrakte Fragestellung. Heute bist Du hier, morgen vielleicht an einem schlechteren Platz im Schacht. Der Aufzug mit dem Essen fährt runter und irgendwann fährt er wieder hoch. Die ganz unten verhungern, während die oben sich vollstopfen oder das Essen für die anderen verderben. Das System ist automatisiert, gnadenlos und unaufhaltsam, das Verhalten der Insassen nicht änderbar. Ist das so? Welche Chancen gibt es überhaupt, um hier zu überleben oder gar, um das System auszuhebeln? Goreng, unsere Hauptperson, durchlebt für uns all die Dinge, die im Schacht möglich und unmöglich sind. Dabei ist die Darstellung wirklich deutlich.
Es klingt vielleicht zynisch, wenn ich schreibe, daß der Film optisch toll gemacht ist. Mir gefallen solche Filme ja extrem, keine Ahnung warum. Vielleicht weil es immer ein Rätsel gibt und weil, wie hier auch geschehen, die Geschichte keine unnötigen Schnörkel hat, sondern fast analytisch jeden Aspekt abarbeitet. Dabei finde ich den schwebenden Aufzug wirklich toll, ebenso die minimalistische Gesamtausstattung im Kontrast zum üppigen Mahl, dessen Zubereitung auf Ebene 0 wir beobachten dürfen.
Goreng wird gefragt: „bist Du Kommunist“, „bist Du der Messias“... Er ist nichts davon. Er ist nicht besser als die anderen und nicht schlechter - was mir auch sehr gefiel. Daß er am Ende vielleicht (!) eine Antwort gefunden hat, das ist wohl am ehesten Zufall. Er hat einfach genug erlebt und die richtigen Schlüsse gezogen.
Der ganze Film ist eine Metapher und (für manche vielleicht) ein Lehrstück, aber er ist kein Märchen, hat kein Hollywoodende. Feine Silbertabletts gibt es nur auf Ebene 0, daß man auch ein bißchen selbst nachdenken muß (warum ist er drin, was genau passiert am Ende usw.), ist toll.
Interessanterweise habe ich die gewalttätigen Szenen quasi sofort abhaken können. Das liegt auch daran, daß der Film für mich keine Fragen offen ließ.
Bei vielen ähnlichen Filmen fragt man sich: was würde ich tun. Das System des Schachts jedoch ist so unbarmherzig, daß das Rätsel fast unlösbar ist und für den Einzelnen kaum Handlungsfreiraum abseits des bloßen Überlebenskampfs bleibt. „Überleben ist zu wenig“, sagt Goreng und andere sehen es ähnlich, aber die Ideale werden sehr schnell ad absurdum geführt.
„El Hoyo“ zeigt uns, wie wir wirklich sind, wenn es hart auf hart kommt. Und das wird kompakt und eindrucksvoll verarbeitet. Wir wußten es aber bereits, oder?
Obvio.