Rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.
oder auch: Raus aus den Pantoffeln, hol dir die Kartoffeln.
Hui, es passiert so einiges.
Ich muß einfach weitermachen, darf nicht zu viel denken, sonst werde ich wütend. Es gibt immer wieder Themen, die mir sehr zu schaffen machen, weil sie mein Gerechtigkeitsempfinden ansprechen. Wut kann ja produktiv sein, aber sie kann einen auch krankmachen. Man muß die Balance finden, im eigenen Leben Weichen stellen, sich selbst so verhalten, daß der Mensch im Spiegel noch lächeln kann, das Kind entsprechend erziehen und hoffen, daß nicht alles in D den Bach runtergeht... Schwer, wenn man jeden Tag wieder Dinge sieht, die einfach falsch sind. Aber was soll ich machen, den Girls ihre Kopftücher runterreißen? Ich würde gerne... Es ist nur eine Sache von vielen, aber sie geht mir an die Nieren.
Tatsächlich, die Nieren. Wortwörtlich.
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So... Auf dem Feld gibt es immer wieder Anlaß zur Freude. (Es gibt auch Merkwürdiges, aber ich lasse mich dort einfach nicht ärgern.)
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Der Radiobeitrag über Frauen, Erwartungen, die wir an uns selbst stellen, ALLTAGSORGANISATION hat mich tief bewegt. „Wir“ sind noch immer nur Zuverdienerinnen, sollen aber in die Vorstandsetagen. Wir kriegen die Kinder, bleiben in der Elternzeit zu Hause, ziehen Männern und ihren Jobs hinterher, machen uns rund um die Uhr Gedanken, sind bitte entspannt, sexy, schlank, erfolgreich, witzig, nur nicht zickig, auch nachmittags für Termine empfänglich, haben aufgeräumte, blitzblanke Wohnungen, nein Häuser, backen und kochen für Kita und Schule, spielen Elterntaxi usw...
To-Do-Liste am Wochenende auf Post Its: welchen Raum darf ich gelb bekleben?
To-Do-Liste meines Mannes: „am Montag um 07:00 bei der Arbeit sein“
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Ich bin ja noch gut dabei, da ich noch (!) gut verdiene und der Drache mir Freiraum gibt, sehr viel im Haushalt macht. Wir haben auch über unsere Renten gesprochen. Zumindest sich bewußtzumachen, daß eine oder einer (bei meiner Kollegin blieb der Mann viele Jahre zu Hause) durch die Kindererziehungszeiten oder Betreuungszeiten Einbußen hat, sollte drin sein. Ich kenne viele andere Beispiele.
Und was mich arg ärgert, ist der Begriff „Zahnarztfrau“ bei der Diskussion um die Mütterrente. Der Begriff impliziert erstens, daß die Dame alles besitzt, was der Mann besitzt und im selben Maße Altersvorsorge betreibt, zweitens, daß sie auf ewig abgesichert ist. Eine Frechheit!
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Da kriegt man denn selbst immer wieder gesagt, wie gut man ist und wie dynamisch (fünfmal in einem Gespräch), aber letztendlich sind die Kriterien und Strategien noch immer letztes Jahrhundert, und ich meine die Mitte des Jahrhunderts. Die angestrebte Gehaltserhöhung wird mal wieder vergessen, gleichzeitig schmeißen wir Gelder aus dem Fenster, daß es eine Freude ist.
Es gibt aber auch Vertreterinnen, die gut manipulieren. Wenn sie es erstmal bis ganz nach oben geschafft haben, natürlich ohne Kinder oder nachdem die aus dem Haus sind oder weil sie Erben sind, dann ist vieles möglich. Das finde ich auch interessant. Jeden Tag wieder kann ich nur den Kopf schütteln, was eine bestimmte Dame so verzapft - sie geht über Leichen und die Herren halten ihr dabei noch gerne das Händchen (ich meine hier nicht die Mutti der Nation, auch wenn das passen würde).
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In der Kita habe ich mich schon wieder dreimal im Neinsagen geübt. Es fällt mir nicht leicht, aber es ist wichtig.
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Mein Fazit zu allem, was mir im Kopf herumgeht, fällt mir auch nicht leicht.
Am ehesten sieht es so aus: Wenn ich mich selbst nicht so gebe, wie ich behandelt werden möchte, dann wird sich auch gesamtgesellschaftlich nichts ändern können.
Das heißt, wenn Du Deinem Kind (auch unter anderem) vermitteln willst, daß Schwächen kein Makel sind, dann um Himmels Willen zeige die Sch...Schwächen auch, ohne Reue (versuche es zumindest).
Fake it till you own it.
Wenn frau meint, in der Firma drei Jobs gleichzeitig machen zu müssen und alles verstecken zu müssen, was sie angreifbar machen könnte (Kinder!), dann ebnet sie ihren Geschlechtsgenossinnen nur den Weg in den Burnout.
Wenn ich meine eigenen hohen Erwartungen an mich selbst nie beschneide und nie hinterfrage, dann darf ich auch nicht darüber schimpfen, daß unsere Rollenbilder sehr traditionell ausschauen.
Brené Brown ist auch nur eine gute Verkäuferin (leider, mittlerweile), aber an sich stimmt es: Verletztlichkeit zu zeigen bringt uns weiter, uns alle.
Übrigens schaffe ich meinen Job gerade wieder ab. Ganz bewußt treibe ich eine Änderung voran. Es ist eine Art Experiment. Es gibt zwei mögliche Ausgänge. Erstens, die Firma erkennt meine zukunftsgerichtete Einstellung und meinen Mut, mich angreifbar zu zeigen und honoriert diese.
Zweitens: wie immer ziehen die alten Männerseilschaften derart an uns herum, daß ich fliege.
Ich sehe das ganz fatalistisch oder auch irgendwie locker (es ist ein lustiger Zustand): Manchmal muß man aus den alten Mustern aussteigen. Ich denke, so oder so werde ich meinen Platz finden.
Das wichtigste ist noch immer, sich selbst treu zu bleiben.