Ziemlich egal
Wieder gäbe es viel zu berichten. Gestern hatte ich tausende Dinge im Kopf, war aber wie ausgelutscht.
Bisher hatte die Woche einiges zu bieten:
Schön ist es z.B., wenn du zu einer Schulung gehst und dem Schulungsleiter mal erzählst, wo er falschliegt, dabei nicht rot wirst und merkst: hui, dieses Thema ewig zu bearbeiten, hat sich wirklich gelohnt.
"Dietland" ist nur eine Serie über eine Frau, die nicht ins gängige Schönheitsideal paßt und die mit verschiedenen feministischen Organisationen Kontakt hat. Abendunterhaltung.
Stimmt das so? "Dietland" macht was mit mir. Es geht nicht nur um Schönheitsideale, es geht darum, wo die herkommen... und es geht auch um Gesundheitsideale. "Plum", in den ersten Folgen, fand ich furchtbar. Sie wäre keine, mit der ich befreundet sein könnte. Die wütende, kraftvolle Alicia aber, die mag ich. (Interessanterweise sagt die Autorin des Buches "Dietland", Sarai Walker, daß etliche Leser.innen das genau anders herum sahen.) Joy Nash paßt so wunderbar, weil sie alles sein kann: das farblose Mädchen und eine Diva. Zu der Serie könnte ich endlos Gedanken aufschreiben. Was die Macher wollten, erreichen sie bei mir - ich hinterfrage mich und meine Grundüberzeugungen. Dabei ist alles, was ich Negatives über die Serie gelesen habe, einfach nicht wahr. Das Werk ist deshalb toll, weil es extrem gut differenziert. Hier kommt jeder Aspekt zu Wort. Die Bilder sind teilweise mit witzigen Spezialeffekten versehen, teilweise schonungslos deutlich. Wahrscheinlich wird das ganze noch eine Weile an mir nagen...
"Guck mal Mama, die Frau ist sooo dick." (die Kleene über eine andere Mutter)
Was sagt man da? Nix?
"Es gibt dicke und dünne Menschen. Das ist doch total egal." (Was Besseres fiel mir nicht ein.)
...
Ein weites Feld. Alles um uns herum ist Hirnwäsche. So oder so. Alles prägt uns und lehrt uns: Das ist Deine Welt. So sollst Du sie sehen.
Übergewichtige können nicht gesund sein? Doch.
Aber was siehst Du? Schublade Nr. 8523: Fett = krank.
Das nagt an mir...
Dazu kommt noch eine weitere Sache, die mir zeigt, was für wunderliche Geschöpfe wir Menschen doch sind:
Ich hatte gestern eine Klopftherapiestunde. Genau wie EMDR geht das Klopfen ja gut an die Traumata heran, die alten Assoziationen.
Die coole Ärztin ist der Hammer. Sie hat das Problem sehr schnell gefunden. Der Vater (na ja, meist ist es ja fifty-fifty bei allen Menschen, mindestens einer von beiden hat uns eins reingewürgt in der Kindheit).
Die Sätze waren erstaunlich lang, ich mußte klopfen, summen, in die unteren Ecken schauen usw. - Am Ende bliebt von Wut und Trauer nichts mehr übrig.
Gerade ist es mir alles herzlich egal.
SO schnell geht das???
Gestern nach der Stunde war ich komplett kaputt, aber ruhig. Heute war die halbe Kita wehleidig, mir geht es auch nicht besonders (körperlich). Psychisch habe ich aber eine sehr stabile Phase.
Heute ist das Mädchen seit langem mal wieder ausgetickt, andere Kids aber auch. Die ewige Hitze und jetzt der Umschwung haben uns alle geschafft.
Wir haben momentan eine sehr innige Beziehung. Ich kann sie besser aushalten als früher, auch wenn sie ständig fordert. Der Koffeinverzicht hat viel gebracht. Wir kuscheln ständig und sie gibt mir "viele tausend Küsse". Sie wird permanent gelobt, explizit wegen ihrer Empathiefähigkeit und weil sie sehr sicher klettert, gut Rückmeldungen gibt bei Streitereien und eine gute Feinmotorik hat.
Vorhin wieder: Der kleine M. schubst den kleinen D. auf der Treppe. Die Kleene wollte noch kurz mit in den Garten, bevor wir heimgehen. Das einzige Kind, das neben der Erzieherin sich nach D. erkundigte, war meine Maus. Alle anderen waren schon vorbeigerannt. Da bin ich stolz. Empathie erlernt man bzw. man hat dann den kindlichen Altruismus noch nicht ganz verlernt.
Mir gehen viele Dinge durch den Kopf. Andere nicht mehr. Das ist so merkwürdig, aber gut.
Eigentlich ging es ja um meine Existenzängste. Die waren dann gestern plötzlich auch auf einmal weg...
Da fragst du dich doch: Wer ist eigentlich mein Ich? Ich bin jeden Tag eine andere. Und wenn meine Erinnerungen plötzlich nicht mehr Schmerzen verursachen... was ist von Dauer, was ist unveränderlich?
Ach ja... Habe noch so hübsche Fragen beantwortet für mich.
1. An welche Art Person soll man sich erinnern, wenn ich nicht mehr bin (Was soll auf meinem Grabstein stehen? - Da die Kirchen einem teilweise verbieten, da Hübsches draufzuschreiben und weil ich keinen Grabstein wollen würde, formuliere ich es anders.)
2. Wenn Du so richtig mutig bist/wärst, was würdest Du dann tun (was ist Deine größte Herausforderung?)
Die Antworten haben mich überrascht. Sie sind ein guter Hinweis, wie man sein Leben ausrichten könnte.
Gesamtfazit: Es ging mir schon schlechter. Jetzt soll bitte Frau Wells etwas schneller machen mit den Murderbotstories und mehr schreiben, dann bin ich fast wunschlos happy!!! ;-)